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Anja Stemmer

User Experience gehört ins Museum!

Am letzten Regenwettertag war ich wieder mal dort. In der Pinakothek der Moderne. Ich liebe sie, aber es ist leider viel zu selten „schlechtes Wetter“…

Aktuell (mitte 2022) wird dort eine Ausstellung von Cecily Brown gezeigt. Eine zeitgenössische Künstlerin meines Jahrgangs, deren Werk zu den interessantesten Positionen der europäischen Gegenwartsszene gehört.


Die Künstlerin aus London hat sich intensiv mit dem Sammlungsbestand der Staatlichen Graphischen Sammlung in München auseinandergesetzt. Sie hat Impulse von Bosch und Bruegel bis Cézanne und Michelangelo aufgegriffen und in ihrer eigenen Malweise paraphrasiert.

Besonders angetan hat es mir dabei ihre Auseinandersetzung mit einem Werk von Franz Marc, betitelt „Leda und der Schwan“.


Kurzer Blick in die Runde – wer kennt diesen Mythos?

Nein? Also ich hab‘ zwar ein Gräcum, aber ich musste auch erst mal länger überlegen. War das nicht was in Richtung Sex mit Tieren? Also vorsichtshalber doch nochmal nachlesen.

Der Sachverhalt ist eigentlich schnell erzählt: Der griechischen Sage zufolge verliebte sich Göttervater Zeus in Leda, näherte sich ihr in der Gestalt eines Schwanes und schwängerte sie, nachdem sie sich – als verheiratete Frau - seinen Avancen zunächst widersetzt hatte. Ein knackiges Thema, oder?


Auch künstlerisch wirklich ergiebig, denn die Grazie des Schwanes hat den Menschen seit je fasziniert. Der weiße Schwan gilt als Symbol des Lichtes und der Reinheit, der Reifung und Vollendung. Er steht auch eigentlich für Liebe und Treue.


Das Werk von Franz Marc als Ausgangspunkt der Serie von Cecily Brown, hat eine klare und einfach zu lesende Komposition. Es gibt uns gut erkennbare visuelle Anhaltspunkte, auch in einer abstrakten „Auflösung“ der Bildidee das Gefieder des Schwans, seinen Hals ebenso wie Kopf und Torso der Leda immer wieder in den Formen und Farben der weiteren Gemälde zu finden.



Kunst entdecken: Bildergeschichten wie bei TikTok, nur krasser!


Ähnlichkeiten finden. Herausfinden, wie die Künstlerin das Thema adaptiert und variiert. So habe ich die „Aufgabe“ für den Besucher in dieser Ausstellung verstanden. Wenn das gelingt, dann hat man sich aktiv mit der Gegenwartskunst auseinandergesetzt, kann sich darüber unterhalten und selbst „Position beziehen“. Also ein erfolgreicher Ausstellungsbesuch, ganz egal, ob man die Bilder nun schön findet oder eher nicht.


Umso mehr habe ich mich gewundert, dass das Original von Marc (als Ausgangspunkt) sehr schwer zu finden war und nicht erkennbar am Anfang der in Reihe gehängten Bilder stand. Stattdessen ein Text, den ich – ungelogen – drei Mal lesen musste, bis ich ihn halbwegs verstanden habe. Und der Sammlerin aus Frankfurt, die mich begleitet hat, ging es nicht besser, sie brauchte vier Anläufe.


Wir haben uns daher nicht nur über Cecily’s Bilder ausgetauscht – die ebenfalls genug Stoff für Diskussionen gegeben hätten – sondern auch darüber, warum ein Museum es sogar uns SO schwer macht, Zugang zu den Exponaten zu finden.


Schade, dass hier kein User Experience Designer mitgearbeitet hat! UX könnte dabei helfen, Ausstellungen und Kunstwerke beliebt zu machen - als spannende und verstehbare Bildgeschichten! Wie Social Media, nur krasser...



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